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Die Radargleichung in der Praxis

In der Grafik werden drei Gleichungen gezeigt, die aus der Radargrundgleichung in zwei Schritten abgeleitet wurden. 
	Die erste Gleichung ist die Radargrundgleichung in der Allgemeinen Form selbst. Außer R_max, der vierten Wurzel und der Sendeleistung im Nenner unter der Wurzel sind alle weiteren Parameter abgedunkelt. 
	Diese abgedunkelten Parameter werden als konstant angenommen und zu einem Faktor K vor der Wurzel zusammengefasst. Die zweite Gleichung besteht nur noch aus R_max, dem Faktor K und der vierten Wurzel aus der Sendeleistung P_S.
	Durch Weglassen des konstanten Faktors in der dritten Formel wird nur noch die Proportionalität der maximalen Reichweite zur vierten Wurzel aus der Sendeleistung dargestellt.

Hier werden einige Beispiele aufgezeigt, wie einzelne Parameteränderungen am Radargerät die theoretische Reichweite des Radargerätes beeinflussen können.

Sendeleistung

Nicht jede Senderöhre ist gleich: minimale Fertigungstoleranzen können die erzielbare Sendeleistung und somit auch die theoretische Reichweite beeinflussen. Aber zur Erinnerung: die Sendeleistung steht unter der 4. Wurzel!

Außer der Sendeleistung nehmen wir temporär alle anderen Faktoren als konstant an und fassen sie zu einen Koeffizienten k zusammen:
Die Reichweite ist proportional der vierten Wurzel der Sendeleistung PS!

Somit müssen wir also die Sendeleistung versechzehnfachen
um die Reichweite nur zu verdoppeln!

Damit werden sicherlich auch Abweichungen in der Angabe der Reichweite verständlich: wenn z.B. die Sendeleistung der P–12 von 160 kW bis 250 kW (zulässig) schwanken kann, kann dann auch die unterschiedliche Angabe der Reichweite von 250 bis 270 km richtig sein?

Beispielrechnung: die vierte Wurzel aus dem Verhältnis maximale und minimale Sendeleistung: also dem Quotienten aus 250 geteilt durch 160 ist gleich der vierten Wurzel aus 1,5625. Das Ergebnis ist 1,118.

Wie wir sehen, wäre sogar die Angabe von 250km(160 kW)· 1,118 = 279,5 km(250 kW) noch korrekt!

Und das nur unter der Berücksichtigung der Sendeleistung.

In der Praxis wurden, da die Sendeleistung der Scheibentriode auch noch frequenzabhängig war (deshalb auch der große Toleranzbereich!), Werte zwischen 180 kW und 240 kW erreicht.

Beispielrechnung: Die vierte Wurzel aus 1 minus ein sechzehntel ist gleich der vierten Wurzel aus 0,9375 und ist gleich 0,983.

Auch der Umkehrschluss ist zulässig: wenn (z.B. durch Ausfall eines von sechzehn Sendemodulen) sich die Sendeleistung um ein sechzehntel verringert, dann ist der Einfluss auf die Reichweite der Radarstation in der Praxis eigentlich vernachlässigbar (Reichweitenverlust < 2%).

Empfängerempfindlichkeit

Anders als die Sendeleistung ist mit der minimalen Empfangsleistung zu verfahren: Sie steht zwar auch unter der 4. Wurzel, aber im Nenner.
Eine Verringerung der minimalen Empfangsleistung des Empfängers bringt also die Erhöhung der Reichweite.

Es gibt für jeden Empfänger eine bestimmte Empfangsleistung, ab der er überhaupt arbeiten kann. Diese kleinste verarbeitbare Empfangsleistung wird in der Radartechnik häufig mit der Bezeichnung MDS - Minimum Discernible Signal versehen. Radartypische Größen des MDS-Echos liegen im Bereich von -104 dBm bis -110 dBm.

Antennengewinn

Der Antennengewinn G steht sogar im Quadrat unter der 4. Wurzel.
Wir erinnern uns: die Antenne wird ja auch auf dem Hin- und dem Rückweg benutzt.

Damit wird eine Vervierfachung des Antennengewinns eine Verdopplung der Reichweite bewirken.

Und wieder ein praktisches Beispiel aus der Meterwellentechnik: Die russische Radarstation P-12 (VHF-Bereich, Yagiantennen: G = 69) wurde manchmal an der Antenne der P-14 (etwa gleicher Frequenzbereich, Parabolantenne: G = 900) betrieben. Diese Kombination wurde oft scherzhaft „P-13“ genannt. Nach unserer Radargleichung müsste sich also folgender Reichweitengewinn ergeben:

Beispielrechnung Antennengewinne: Wurzel aus 900 geteilt durch 69 ist gleich Wurzel aus 13,04 und das ist gleich 3,61.

(Die vierte Wurzel wurde gleich gegen das Quadrat im Zähler und im Nenner gekürzt.)
Schön wär's, wenn sich die Reichweite so locker verdreifachen ließe, wie die Berechnung es verspricht. Aber die sehr viel größere Antenne brauchte auch sehr viel längere Zuleitungen. Diese Leitungsverluste und die Fehlanpassung des Strahlers fraßen von dem Reichweitengewinn mehr als die Hälfte wieder auf. Praktisch wurde etwa die 1,6-fache Reichweite erreicht. Nur traten jetzt vermehrt störende Überreichweiten auf, da die Impulsfolgefrequenz der alten P-12 mit diesen Reichweiten überfordert war.